Trump und Ramaphosa
Trumps Bühne, Ramaphosas Test: Eine diplomatische Falle in Washington

US-Präsident Donald Trump stellt Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa im Oval Office bloß und konfrontiert ihn mit unbegründeten Vorwürfen eines Völkermords.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan VucciDer südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa traf diese Woche im Weißen Haus mit US-Präsident Donald Trump zusammen, um die bilateralen Beziehungen zu stärken. Doch statt Fortschritte zu erzielen, wurde die südafrikanische Delegation Zeuge einer streng inszenierten Show – die sich an ein US-amerikanisches Publikum richtete und nicht der internationalen Zusammenarbeit diente.
In den Wochen vor dem Besuch verschärften Trump und seine politischen Verbündeten ihre hetzerische Rhetorik gegen Südafrika und griffen eine längst widerlegte Darstellung eines sogenannten „Völkermords an weißen Farmern“ wieder auf. Obwohl diese Darstellung durch südafrikanische Kriminalitätsdaten und Menschenrechtsbeobachter längst widerlegt wurde, ist sie bei Trumps konservativer Basis nach wie vor beliebt und somit ein willkommenes Instrument in seinem politischen Arsenal.
Gleichzeitig zog Pretorias Weigerung, sich in der Ukraine-Frage dem Westen anzuschließen, und seine Unterstützung für rechtliche Schritte gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof Trumps Zorn auf sich. In der binären Weltanschauung, die Trumps Außenpolitik prägt – Freund oder Feind, loyal oder illoyal –, ist Südafrikas Beharren auf einem multipolaren Ansatz inakzeptabel.
Ramaphosa unter Druck
Vor diesem Hintergrund stand Ramaphosa unter Druck. Südafrikanische Wirtschaftsführer und politische Berater drängten zu diplomatischer Vorsicht, um Handels- und Investitionsströme zu sichern. Trump, der stets auf Effekte bedacht ist, nutzte die Gelegenheit, um seine Dominanz zu demonstrieren. Er stellte den Besuch als einen weiteren Staatschef dar, der „mit der Bettelschale kommt“ – eine Formulierung, mit der er bei seiner Basis punkten und sein Image als knallharter Verhandlungsführer stärken wollte.
Es ist wichtig zu verstehen: Bei Trumps Auftritt ging es nie um Südafrika. Es ging um Amerika. Seine Botschaft – der„Völkermord an weißen Farmern“ – war darauf ausgerichtet, seine Anhänger im eigenen Land anzusprechen und sein Narrativ von Stärke und nationalistischer Trotzhaltung zu bekräftigen.
Die südafrikanische Delegation war auf das, was dann kam, nicht vorbereitet. In einer kalkulierten und unangekündigten Aktion dämpfte Trump das Licht und spielte ein provokantes Video ab. Es zeigte Aufnahmen des Oppositionsführers Julius Malema, der „Tötet die Buren“ skandierte, sowie eine Montage weißer Kreuze, die auf ein rassistisch motiviertes Massaker anspielten. Der Kontext wurde dabei grob verzerrt – Malema hat kein Regierungsamt inne, und die Bilder stammten aus einer Protestaktion aus dem Jahr 2020, die nichts mit der Politik der Regierung zu tun hatte.
Ramaphosa behielt seine Fassung und wies die Völkermordvorwürfe zurück. Er stellte klar, dass Kriminalität in Südafrika alle ethnischen Gruppen betrifft, wobei die überwiegende Mehrheit der Opfer schwarze Südafrikaner sind. Er betonte, dass die Stimmen in dem Video nicht die Politik der Regierung widerspiegeln.
Aber der Hinterhalt hatte bereits seinen Schaden angerichtet. Trump kontrollierte die Optik – und Ramaphosa blieb nichts anderes übrig, als zu reagieren, statt zu führen.
Erst kürzlich wurde auch Präsident Selenskyj während seines Besuchs im Weißen Haus von Trump mit einer abweisenden und theatralischen Taktik überrumpelt und öffentlich beleidigt. Dieser Vorfall hätte als klare Warnung dienen müssen. Die südafrikanische Delegation hätte ein ähnliches Szenario vorhersehen und sich entsprechend vorbereiten müssen, sowohl strategisch als auch symbolisch. Stattdessen wirkte Ramaphosas Team schlecht informiert und reaktiv und verpasste die Chance, eine selbstbewusste und koordinierte Botschaft zu vermitteln, die Südafrikas Standpunkt widerspiegelt.
Ramaphosa hatte zwar prominente Südafrikaner wie Johann Rupert, John Steenhuisen und die Golfstars Ernie Els und Retief Goosen mitgebracht, um Trumps Narrativ entgegenzuwirken. Doch Trump machte diese Geste zu seiner eigenen Show und ließ sie sprechen, als wollten sie seine Behauptungen bestätigen. Die Symbolik wurde gekapert.
Trotz der konfrontativen Natur des Treffens bekundeten beide Seiten ihre Bereitschaft zum Dialog. Ramaphosa betonte das Potenzial für eine Zusammenarbeit in den Bereichen Handel und Infrastruktur, Trump würdigte die strategische Bedeutung Südafrikas. Dennoch bleiben Anzeichen für tiefere Spannungen bestehen: Die USA haben kürzlich 49 weißen Afrikanern Asyl gewährt und wichtige Entwicklungshilfeprogramme eingefroren.
Da Südafrika als erstes afrikanisches Land Gastgeber der G20 sein wird, könnte dieses Treffen den Umgang der USA mit dem Gipfel prägen. Es gibt Befürchtungen, dass die USA, die als nächstes die G20-Präsidentschaft übernehmen werden, sich unter Trumps unberechenbarer Führung zurückziehen könnten. Südafrika möchte nicht als Vorsitzender in Erinnerung bleiben, unter dessen Aufsicht die USA ausgestiegen sind.
Trump hat bekommen, was er wollte: Schlagzeilen, Theatralik und eine Geschichte, mit der er sich vor seinem heimischen Publikum stark machen kann. Ramaphosa hat dem Druck standgehalten, an seinen Prinzipien festgehalten und Südafrikas Bekenntnis zum Multilateralismus bekräftigt – aber er hat es nicht geschafft, die Deutungshoheit zu behalten.
Eine Lektion in prinzipientreuer Politik
Dieser Moment hält eine wichtige Lektion für liberale Demokratien bereit. In einer Zeit, in der starke Männer von Auftritten und Provokationen leben, muss sich die Diplomatie anpassen. Wir müssen an unseren Werten festhalten, Konfrontationen antizipieren und vermeiden, als Requisiten in der Show eines anderen benutzt zu werden. Ruhige Diplomatie hat ihren Platz – aber strategische Durchsetzungskraft auch.
Denn mit Populisten wie Trump ist Diplomatie nicht nur Dialog – sie ist Theater. Und wenn man nicht Regie führt, ist man Teil des Drehbuchs.