Akademische Freiheit und Demokratie
Anne Brasseur: "Der Schutz der Wissenschaft ist auch der Schutz der Demokratie"

Studenten, Dozenten und Mitglieder der Harvard-Universität versammeln sich.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited„Ein Witz, Idioten, Spatzenhirne, lehrt Hass und Dummheit.“
So bezeichnet US-Präsident Donald Trump die Harvard University. Mit 29 Nobelpreisträgern zählt sie zu den bedeutendsten Hochschulen weltweit. Harvard hat das nötige Selbstvertrauen und den Mut, um sich gegen die Anforderungen von Trump zu wehren. Die Eliteuniversität will sich nicht vorschreiben lassen, über was und wie sie forschen soll und wie sie Wissen vermitteln soll.
Als Reaktion auf die Ablehnung der Regierungsforderungen wurden der Universität staatliche Subventionen in Höhe von 2,2 Milliarden US-Dollar gestrichen. Harvard zieht gegen diese Entscheidung vor Gericht. Auch andere Universitäten und Forschungsinstitute sind von finanziellen Kürzungen betroffen.
Präsident Trump will also jetzt auch die akademischen Freiheiten einschränken. So soll nicht mehr über den Klimawandel oder über sensible gesellschaftliche Fragen geforscht werden, wenn die Erkenntnisse nicht mit der Ideologie von Trump im Einklang sind.
Wissenschaft basiert nun jedoch auf Fakten, Beweisen und überprüfbaren Kenntnissen und nicht auf Meinungen oder Vorurteilen. Die Unabhängigkeit der Forschung ist der Grundstein des Fortschritts.
Die Lebensqualität, wie wir sie heute kennen, wäre beispielsweise ohne Forschung in der Medizin nicht denkbar. Unser freiheitliches-progressives Gesellschaftsmodell hat der Forschung viel zu verdanken. Das ist aber das Modell, gegen das sich die Trump-Republikaner wehren.
Diese Vorgehensweise zeigt, wie gefährlich Trump ist. Es geht darum, Wissen zu kontrollieren, um wieder in eine Zeit des Obskurantismus zu fallen, das heißt, um erwiesene Tatsachen einfach nicht anzuerkennen. Es handelt sich dabei um einen institutionalisierten Anti-Intellektualismus oder, frei nach Christian Morgenstern: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Die Demokratie in den USA steht unter Druck – nicht nur durch Eingriffe in die Justiz oder Einschränkungen der Pressefreiheit. Auch in Europa sind ähnliche Tendenzen zu beobachten, etwa in Ungarn, der Slowakei oder der Türkei, wo akademische und journalistische Freiheiten zunehmend untergraben werden.
Rechtspopulistische Bewegungen versuchen seit Jahren, demokratische Strukturen zu destabilisieren. Ihre Strategien zielen auf die Aushöhlung grundlegender Freiheitsrechte, den Abbau des Rechtsstaats und der elementarsten Menschenrechte. Die Geschichte hat mehrfach gezeigt, welche gefährlichen Konsequenzen dies haben kann.
Gerade deshalb ist es wichtiger denn je, für die Freiheit von Forschung und Lehre einzustehen. Der Schutz der Wissenschaft ist auch der Schutz der Demokratie – und damit eine Verantwortung, die uns alle betrifft.